eBooks: #NeuesLesen, XML & Idee einer "grassroot" MetaDaten Initiative

eBooks lassen den Buchmarkt explodieren. Noch nie zuvor wurden so viele Bücher geschrieben und [eigen]verlegt wie heute. Da die Produktions- und Distributionskosten der digitalen Informationsgüter "eBooks" gegen Null gehen fühlen sich viele Autoren endlich befreit von der Hürde bzw. Umklammerung der Verlage. Eine sehr schöne Entwicklung finden wir. Und eine Chance mehr, Menschen für das Buchlesen zu begeistern indem über iPads, iPhones, Kindles etc gelesen werden kann und die Hemmschwelle Buchkauf wegfällt [siehe auch Textunes Berlin]. Eine neue Epoche der Literalität könnte das Resultat sein - es gibt schlechtere gesellschaftliche Entwicklungen. Mit den eBooks haben Bücher erstmals die Chance mit anderen Apps und digitalen Gimmiks am Ort des Geschehens [mobiler Computer] fair um Budgetanteile der Konsumenten zu kämpfen. 

 

Die „neuen“ eBooks werden anders aussehen. Sie werden nicht nur 1:1 Abbildungen der gedruckten Werke sein, sondern neue, evolutionär weiter entwickelte Buchtypen. Geboren in der Blogosphäre, multimedial, kürzer im Umfang, fragmentiert [chunkable books], XML-basierende Hypertexte, mit Online-Texten [Blogs] vernetzt, kollektiv inspiriert und dramaturgisch anders konzipiert. Frei nach Marshall McLuhans Motto, dass das Medium die Botschaft ist, werden sich die eBooks mit den neuen mobilen Lesegeräten verändern. Dieser Veränderungsprozess hat bereits begonnen und wird von neuen Verlags- und Autoreninitiativen auf breiter Fläche getragen.

 

Wir haben also in der neuen eBook Welt kein Problem auf der Autorenseite, kein Problem auf der Produktionsseite und ebenfalls keines auf der Distributionsseite. Kurz, die Angebotsseite stimmt. Das Problem liegt auf der Nachfrageseite und darin, die eBooks effizient an die Leser zu bringen. Wie findet der Leser unter den Millionen von eBooks jene, die ihn interessieren? Oder umgekehrt, wie finden die Autoren ihre Leser? Wie können also Angebot und Nachfrage effektiv und effizient zusammengeführt werden? Wie kann der neue Buchmarkt letztlich effizient funktionieren. Die Volkswirtschafter sagen uns, dass für das Funktionieren eines marktwirtschaftlich organisierten Marktes alle Marktteilnehmer über vollkommenes Wissen verfügen sollten. Das ist gerade im eBook-Markt eine Unmöglichkeit. Also, was tun und wo liegen die neuen Regulierungsmechanismen?

 

Informationen kommen heute aus dem Netz und über Suchmaschinen und werden von diesen organisiert. Google weiß [fast] alles also können wir Google doch auch einmal positiv für unseren Buchmarkt einsetzen. Damit wir Bücher effizient über Google und andere Suchprogramme finden brauchen wir MetaDaten [wir hatten darüber schon vor kurzem geschrieben], welche es z.B. den Suchmaschinen ermöglichen, eBooks effizient zu finden. Die heute angewandten und in der Verlagswelt allgemein anerkannten MetaDaten sind allerdings für die neuen eBooks viel wenig aussagekräftig. Titel, Autor, Verlag, Publikationsjahr, ISBN etc sind alles statische MetaDaten, die für den Verkauf über den stationären Buchhandel bzw. für den Verkauf von gedruckten Werken geeignet sind. Für ein effizientes Marketing von eBooks brauchen wir weit darüber hinausgehende Ansätze. Die MetaDaten für eBooks müssen die neuen Branchenprozesse, Workflows und Lesegewohnheiten abbilden.

 

Neue eBooks [wir sprechen hier nicht von 1:1 Abbildung von gedruckten Werken] werden nicht nur anders entwickelt, sondern auch anders distribuiert und beworben. Neue Autoren schreiben z.B. auf Autorenblogs wie Sinnstifter oder Autorenportalen wie Suite101, bei neuen Verlagen EPIDU oder youbookx. Das Schreiben wird ein zunehmend interaktiver Prozess mit den potenziellen Lesern. Diese wiederum kommentieren Blogbeiträge der Autoren, besprechen Bücher auf Leseplattformen wie lovelybooks ebenso wie auf Twitter, Facebook und Myspace. Die neue Dynamik der Buchbranche muss sich unseres Erachtens in neuen, erweiterten MetaDaten spiegeln. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck von XML – Dokumente unter verschiedenen Perspektiven zugänglich und automatisiert verarbeitbar zu machen. So könnten z.B. folgende neue MetaDaten für eBooks eingeführt werden:

 

  • Plattform: welche Autorenplattformen sind involviert [Blog, Suite101, EPIDU, etc]
  • Distributor: welche Distributoren verteilen das Buch [Ciando, Amazon, Smashwords etc]
  • Wörter: wie viele Wörter hat das Buch [es gibt keine Seiten mehr]
  • Format: in welchen Formaten gibt es das Buch [EPUB, KINDLE]
  • Schlagwörter und Kategorien: granularere Beschreibungsmöglichkeiten wie bei Blogbeiträgen
  • Beschreibung: Kurzbeschreibung
  • Perspektive: wird in der „Ich-Form“ oder als Erzähler geschrieben
  • etc: es gibt noch mehr aussagekräftige MetaDaten an die wir wahrscheinlich gar nicht denken

Die Hinzufügung von MetaDaten muss beim ersten Blogbeitrag beginnen und dann bis zum eBook konsequent weitergeführt werden. Wir haben uns die Quellcodes einiger Autorenblogs und –portale angesehen, welche sich leider vor allem durch die Absenz von MetaDaten ausgezeichnet haben. MetaDaten machen nur dann Sinn, wenn sie zumindest von einigen Menschen und Organisationen anerkannt werden. Deshalb bedarf es z.B. Konsortien wie dem World Wide Web Consortium (W3C), das Frameworks für MetaDaten wie das Resource Description Framework (RDF) entwickelt bzw. darauf basierend auch XML zu einem anerkannten Standard gemacht hat. Heute findet XML in der Verlags- und Medienbranche eine breite Anerkennung [wenn auch hierzulande noch viel zu wenig] als Werkzeug für die neue Buch- und Mediengestaltung.

 

Für die vielen tausenden Leser der neuen Autoren- und Leserinitiativen wäre es schon ein Vorteil, wenn sich diese lokalen deutschsprachigen Initiativen auf Basis von XML auf MetaDaten verständigen könnten und damit helfen, den deutschsprachigen eBook-Markt und Autorenszene weiter zu beleben. Wir werden im Zuge unserer Initiative #NeuesLesen versuchen, diese Idee der „grassroot meta data“ weiter voran zutreiben und mit euch über neue MetaDaten-Standards für den deutschsprachigen eBook-Markt zu diskutieren. Vor allem die Betreiber von Autorenblogs und –portalen sowie aufgeschlossene Verlage sehen wir hier als Ansprechpartner. Bitte um Eure Ideen an uns über Facebook oder Twitter mit dem Hashtag #NeuesLesen.

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