XML und Medien-Geschäftsmodelle von morgen

Wir haben heute schon eine Buchempfehlung zum Thema XML als strategisches Werkzeug für Verlage ausgesprochen (siehe unseren Artikel). Auch haben wir hier schon einige Male über die Bedeutung von XML für die Verlags- und Medienbranche berichtet. Wie immer sind wir bestrebt, unsere Behauptungen durch Referenzprojekte und Business Cases zu unterlegen. Hier in Europa haben wir den Vorteil, dass uns die US-Amerikaner im Regelfall im Bereich der neuen Medien gut 12-18 Monate voraus sind. Wir können also zunächst zusehen, wie sich neue Ideen in den USA bewähren und uns so einen weiten Weg auf der Erfahrungskurve sparen. Besser gut kopiert als schlecht erfunden, das wissen die Japaner schon lange. Ein Erfolgsrezept im Bereich der Medien ist daher das intelligente und systematische Kopieren und Transformieren von transatlantischen Modellen in unsere europäischen Kulturkreise. Lassen wir doch die Forschungs- und Entwicklungskosten in den USA und konzentrieren uns auf die Anwendung von Ergebnissen daraus.

Ein interessantes Modell aus den USA scheint uns das XML-basierte "Content Brokerage" zu sein wie das beispielsweise AcquireContent macht. Als so genannter vertikaler Aggregator sammelt AcquireContent Artikel und Beiträge von Zeitungen, Magazinen, Blogs und Büchern und verkauft diese in diversen Formen an interessierte Verlage weiter. Das Lizenzierungsmodell sieht dabei u.a. eine mehr oder weniger automatisierte und web-basierte Verteilung des Contents vor. Da dieser Content regelmäßig in Form von wohlgeformten XML-Dateien in Datenbanken vorliegt, kann er von den Lizenznehmern mehr oder weniger automatisiert in XML-basierte Kommunikationswerke bzw. Medieninhalte (Blogs, Magazine, Zeitungen, Bücher, RSS Feeds etc) eingebettet werden und die eigenen Inhalte sinnvoll und effizient ergänzen. Das setzt allerdings voraus, dass der Lizenznehmer seinerseits den XML-Standard einsetzt und eine ebenso wohlgeformte Tagging-Systematik hat.

Das Tagging als Bestandteil der Meta-Daten ist ein ganz wesentliches Element für die automatisierte Content-Aggregation eines Verlages und damit auch für die effiziente Produktion von Kommunikationswerken (siehe auch unseren Artikel über Tagging). Die New York Times arbeitet zB an einem Projekt, wo zu den eigenen Artikeln einer Zeitungsausgabe auch entsprechend "getaggte" externe Texte und Bilder beigesteuert werden. So könnte zB ein eigener Artikel über die aktuelle Ölpest vor der US-Küste durch entsprechend "getaggte" externe Artikel und Links sowie durch passend "getaggte" Bilder und/oder Videos aus den Bildportalen von Flickr und Youtube zu einer umfassenden, collagenartig zusammengesetzten Reportage ergänzt werden. Umgekehrt stellt viele Zeitungen wie die New York Times ihre Inhalte über APIs den Content Brokern zur Verfügung (siehe interessanten Bericht am Blog der NYT).

Content Broker wie AcquireContent vereinfachen diese Art der Content-Strategie indem sie den Content entsprechend selektieren und aufbereiten. Es scheint, wenn man den diversen Berichten Glauben schenken darf, ein erfolgreiches Geschäftsmodell zu sein. Es könnte daher sein, dass auch hier bei uns entsprechende Content-Broker für XML- und Datenbankbasierten Content entstehen, eine Art neue DPA/APA. Jedenfalls scheint es ein interessantes Geschäftsmodell für eine Umgebung zu sein, wo intelligenter (sich selbst beschreibender) Content zunehmen agil wird und ungehindert über elektronische Kanäle verteilt und genutzt werden kann.

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Buchempfehlung: Mit XML die Verlagsproduktion modernisieren

Wir dürfen Autoren und Verlagen den im O'Reilly Verlag bereits 2009 erschienenen Report "StartWithXML: Making the Case for Applying XML to a Publishing Workflow" ausdrücklich empfehlen. Es ist ein nur knapp 40 Seiten dickes Kompendium, das mit  US-$ 149 noch dazu teuer ist aber es ist jeden Dollar wert (wer sagt denn, dass eBooks immer gratis oder billig sein müssen?). Der Autoren Mike Shatzkin, Laura Dawson, Ted Hill, and Brian O’Leary beschreiben darin die Veränderung der Verlagsbranche durch das Web im Allgemeinen und XML im Besonderen, die darauf basierenden Veränderungen für Format- und Contentgestaltung sowie die neuen Wege des digitalen Marketings. Sorgfältig und ausdrucksvolle Grafiken runden das Kompendium ab. Das im MOBI, EPUB und als PDF-Format verfügbare Buch kann allen interessierten Autoren und Verlegern als wertvolle Wochenendlektüre empfohlen werden. Ebenso wie das bei Pressel Publishing erschienene Buch "New Publishing - Die neue Welt des Verlegens".

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Was ist Social Tagging?

Social Tagging ist eine Form der freien Verschlagwortung (Indexierung), bei der Nutzer von Inhalten die Deskriptoren (Schlagwörter) ohne feste bibliothekarischer Regeln zuordnen. Die bei diesem Prozess erstellten Sammlungen von Schlagwörtern werden zu Deutsch Folksonomien genannt.

Social Tagging findet hauptsächlich auf Social Media Plattformen wie Flickr, Youtube oder Blogs Anwendung wo Blogbeiträge, Fotos oder Soziale Bookmarks damit markiert werden. So werden zB auf Facebook die Personen auf Fotos mit ihren Namen "getaggt" also markiert und können damit von anderen Benutzern gefunden werden. Das Tagging von Informationen produziert Meta-Daten, die auch für Suchmaschinen von Interesse sind. Die Nutzer agieren dabei ohne festgelegte Indexierungsregeln. Derzeit gibt es keine sinnvolle deutsche Übersetzung des Begriffs. Die bekannten englischsprachigen Begriffe für diese Art der Erschließung von Inhalten lauten collaborative tagging bzw. social tagging. Die hierbei vergebenen freien Schlagwörter werden als Tags bezeichnet, welche gesammelt eine folksonomy bilden. Mehrere Tags können zusammen als Tag Cloud (Wortwolke) visualisiert werden.

Gern bedient man sich der grafischen Darstellung einer Tag Cloud bei der die populärsten Schlagwörter typographisch am größten dargestellt werden. Eine Tag Cloud oder Schlagwortwolke ist eine Methode zur Informationsvisualisierung, bei der eine Liste aus Schlagworten grafisch angezeigt wird (siehe Grafik), wobei häufiger vorkommende Begriffe größer oder auf andere Weise hervorgehoben dargestellt werden.

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Facebook hebt auch finanziell ab

Soeben haben wir über den RSS Feed von Mashable die Nachricht vernommen, dass die weltweit größte private Publishing Plattform Facebook 2009 einen Umsatz von knapp US-$ 800 Millionen erzielt haben könnte. Konjunktiv deswegen, weil Facebook als privates Unternehmen dazu keine Stellungnahme abgeben will. Diese US-$ 800 Millionen Umsatz sind deutlich mehr als jene US-$ 500 Millionen, die von Experten zu Beginn 2009 prognostiziert wurden. Nicht, dass dieser Umsatz überraschend wäre aber es zeigt doch sehr deutlich, wie Facebook drauf und dran ist, Google als neues Leitunternehmen abzulösen. Ein baldiger IPO wird wohl nicht mehr auszuschließen sein, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen halbwegs stimmen.
 
Wir gehen davon aus, dass sich das Gewinnwachstum von Facebook über die nächsten Quartale und Jahre ähnlich logarithmisch entwickeln wird, wie zuletzt die Mitgliedszahlen. Mehr zu den beeindruckenden Wachstumsziffern von Facebook findet man hier!

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HowTo: Medienmarketing 2.0 Teil I

Es sind keine leichten Zeiten für Autoren, Verleger und Verlagshäuser. Das Web hat das Angebot an Content im allgemeinen und Büchern im speziellen raketenartig steigen lassen (wir haben über die "Buchexplosion" berichtet). Alleine in den USA werden jährlich bereits über 1 Million gedruckte Buchtitel produziert. Dazu kommen noch die Websites und Blogs. Die Zählungen von Netcraft im Juni 2010 haben knapp 206 Millionen Websites weltweit ergeben, darunter einige Millionen Blogs, die gelesen werden wollen (sollen). Und jetzt kommen mit den TabletPCs a lá iPad auch noch die eBooks und eMagazine auf uns zu. Es gibt viel zu viel Content und viel zu wenige Leser. Die Volkswirtschaft nennt das einen massiven Angebotsüberhand, der regelmäßig zu fallenden Preisn und Branchenbereinigungen führt.
 
Wie soll man sich als Autor, Verlag oder Medienhaus in diesem Ozean aus Content bemerkbar machen ohne unterzugehen oder zu verhungern? Auf diese Frage gibt es natürlich keine erschöpfende Antwort, sondern lediglich Ansätze und Konzepte, die erfolgversprechend sind. Viel leichter zu beantworten ist hingegen die Frage, was nicht funktioniert. Nämlich, nichts zu tun und die demografischen, technischen und sozialen Veränderungen der letzten Jahre zu negieren.
 
Von den knapp 6 Milliarden Menschen sind heute geschätzte 1,6 Milliaren davon über das Web vernetzt wovon wiederum mehr als 500 Millionen über Social Media Plattformen wie Facebook über Freundschaften und gemeinsame Gruppen relativ eng miteinander vernetzt sind. Das sind neue soziale Strukturen im Web-Universum, die auch für das Media Marketing genutzt werden können. Hinzu kommt die "neue" Natur des Contents, der zunehmend online als Hypertext verfügbar und damit über Hyperlinks ansprechbar ist. Bereits heute existiert ein Großteil des gedruckten Contents auch in einer Online-Version als Ergebnis von mehr oder weniger systemath betriebenem crossmedia Publishing. Der Hypertext ist eine Art komplexer Struktur im "Content Ozean", die ebenso wie die vernetzten Menschen für das Media Marketing eingesetzt und mit geeigneten Werkzeugen genutzt werden muss.
 
Die Vernetzung von Menschen und Content ist die neue strukturelle Gegebenheit. Diese für Marketingzwecke in Form von viralem Marketing (oder Mundpropaganda oder Word-of-Mouth-Marketing) auszunutzen ist die Aufgabenstellung des neuen Marketings. Der Ansatz zu viralem Marketing führt über die Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter, über Social Bookmarking Services wie Digg oder Mister Wong und über die Methode des systematischen Verlinkens. Gerade an Twitter, das von privaten wie professionellen Autoren intensiv genutzt wird, sieht man die Kraft der Verlinkung. Mehr als 60% aller Tweets enthalten Links, die auf Content verweisen und über diese Links bewegen sich die Leser durch kontextuelles Lesen von Content zu Content, von Blog zu Blog und von Buch zu Buch. Über diese Links können Autoren entdeckt und vermarktet werden. Rezensionen auf Amazon gehören mittels Postings und Links ebenso über Social Media Plattformen und Bookmarking Services verteilt wie Artikel in Magazinen.
 
Die systematische Nutzung der Social Media Plattformen, das gezielte Entwickeln von Fans, Freunden und Gruppen über Social Media Präsenzen ist das Kernstück des (Social) Media Marketings. Der Aufbau und die Entwicklung von derartigen Präsenzen braucht Zeit und Geduld, wie alles, was mit Menschen und Sozialisierung zu tun hat. Für Autoren wie Verlage und Medienhäuser bedeutet dies die Notwendigkeit, sich neben der "Content-Produktion" auch auf die gezielte Entwicklung von Social Media Präsenzen zu konzentrieren.
 
Die Ausführungen zum Thema Media Marketing werden demnächst hier weiter fortgesetzt. Details über das Social Media Set-Up lassen sich übrigens auch als eBook über Amazon beziehen.
 

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Die wundersame Vermehrung der Bücher

An alle Kollegen der Buchbranche:
 
Das angesichts des Webs oftmals totgesagte Buch kann mit beeindruckenden Daten aufwarten, die beweisen, dass das Buch noch niemals so lebendig war, wie heute im elektronischen Zeitalter des Webs. Hier ein paar Daten des US-amerikanischen ISBN-Verwalters Bowker, die wir auf dem "Tools of Change for Publishing (TOC)" Blog des O'Reilly-Verlages gefunden haben:
  • Die Anzahl der von Verlagen publizierten Bücher in den USA ist von 215.000 Stück im Jahr 2002 auf 288.000 Stück im Jahr 2009 gestiegen. Das ist zwar schon bemerkenswert aber nichts gegen die nun folgenden Daten.
  • Die Anzahl der alternativ publizierten Bücher (dazu zählt Bowker Print-on-Demand und Eigenverlag) ist von knap 32.600 Stück auf über 764.000 (!) gestiegen
  • in Summe wurden also 2002 knapp 247.600 Bücher in den USA verlegt und 2009 bereits deutlich mehr als eine Million. Das ergibt 2009 rund 4 mal soviel Bücher wie 7 Jahre zuvor! 
Das Web hat also den Büchern gut getan. Zumindest auf der Seite der Autoren. Die Blogs und Social Media-Plattformen wie Facebook veranlassen offensichtlich immer mehr Autoren dazu, ein Buch zu verlegen. Der Mega-Trend "eBook" wird wohl zu einer weiteren Steigerung der publizierten Bücher beitragen, da damit auch die Produktionskosten in Form von Druck und Logistik wegfallen.
 
Die Aufgabenstellung besteht für die Autoren und Verleger heute noch mehr als 2002 darin, seinem Buch bzw. seinem Werk Gehör zu verschaffen. Und das ist ohne die neuen Medien wie Blogs, Social Media-Plattformen etc nicht mehr möglich. Der Verfasser des Artikels auf TOC schreibt diesbezüglich den Möglichkeiten des Hypertexts bzw. der Hyperlinks die entsprechende Kraft zur viralen Verbreitung von Büchern zu, also Empfehlungen von Büchern über Twitter, Facebook und Blogs in Form von Links.
 
Wohin diese Reise geht wissen wir nicht aber eines steht fest: das Web hat die Bücher nicht tot gemacht, sondern sie im Gegenteil belebt und gleichzeitig verändert. Und jetzt sind alle Kollegen aus dem Buchbereich aufgerufen, darüber nachzudenken, was man daraus machen kann....

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