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Als das iPad und mit ihm das neue Format des TabletPCs im ersten Quartal 2010 das Licht des Marktes erblickte wurden Apple und Steven Jobs als die Retter der Medienindustrie gefeiert. Das iPad wurde in Anspielung auf die Bibel als „Jesus Book“ und Steven als Messias auf dem Titelblatt des Time Magazins gefeiert. Tatsächlich setzte bereits vor Erscheinen ein Hype in der Verlagsbranche ein und es schien die ersten Monate nach Markteinführung als würde der iPad die Antwort auf die sinkenden Verkaufsziffern im Printbereich sein. Sogar im eher innovationsresistenten deutschsprachigen Raum sprangen so gut wie alle großen und viele kleine Verlage auf den iPad-Zug auf. Mittlerweile ist ein halbes Jahr vergangen und daher muss die Frage gestellt werden, wo wir wirklich stehen.

 

Eine erste Antwort darauf gibt uns eine Studie von Advertising Age, die vor wenigen Tagen erschien und eine interessante Besprechung auf Mashable erfuhr. Das Resümee vorweg: der iPad ist in Abhängigkeit des Genres tatsächlich ein attraktive Lese- und Verkaufkanal aber keinesfalls ein Allheilmittel für die angeschlagene Magazinbranche. Hier sind noch mehr Überlegungen und eine grundsätzliche Überholung des Branchen- und Geschäftsmodells erforderlich. Crossmedial ist nicht gleichbedeutend mit iPad und Apps.

 

Im Detail legt Advertising Age u.a. die Entwicklung der umjubelten iPad-Version von WIRED dar [wir haben ausführlich über dieses App berichtet]. Die erste Ausgabe von WIRED im Mai 2010 verkaufte sich insgesamt rund 105.000 mal, was im Vergleich zur Printauflage von knapp 82.000 Stück ein sehr beachtliches Ergebnis ist [siehe Bericht]. Aber – und wir haben das prognostiziert – die erste Ausgabe kann nicht als Maßstab für eine Erfolgsvermessung genommen werden. Tatsächlich wurden von den Folgeausgaben im Schnitt nur rund 30.000 Kopien über das iPad verkauft. Das entspricht in etwa 37% der im Printformat verkauften Auflage. Das klingt noch immer beeindruckend aber dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den [potenziellen] Lesern des digitalen Lifestylemagazins WIRED eben um ein sehr digital-affines Publikum handelt. Wie aber sieht es bei Magazinartikeln mit weniger direkten Bezug zu neuen Computer- und Digitalformaten aus?

 

Das renommierte Magazin Popular Science verkauft nach Angabe von Ad Age im Schnitt knapp 12% [absolut: 14.034 Kopien] der verkauften Printauflage über die iPad App. Und auch bei diesem Magazin gibt es eine noch relativ hohe Technikaffinität des anvisierten Lesepublikums. Im Bereich der Lifestylemagazine sieht es bei weitem nicht so gut aus. Bei den führenden Lifestylemagazinen Glamour [absolut: 4.099 Kopien pro Monat] und Men’s Health [absolut: 3.174 Kopien pro Monat] bringt es die iPad-Auflage gerade auf 1% der Printauflage – bei GQ [absolut: 13.310 pro Monat inklusive iPhone] auf immerhin noch 7% und bei Vanity Fair [absolut: 10.800 pro Woche] auf rund 2%. WIRED ist also nicht der allgemeine Massstab.

 

Diese Ziffern sind durchaus beeindruckend, wenn man berücksichtigt, dass das iPad erst ein halbes Jahr am Markt ist. Es zeigt sich aber auch, dass eine singuläre iPad/iPhone-Strategie im ePaper- und Online-Bereich für die Verlage nicht ausreichen wird. Im Gegenteil kann hier eine Strategie- und Karrierefalle gesehen werden. Wer als Verlagsverantwortlicher nur auf iPad bzw. Apple setzt, der läuft Gefahr, mit einem Prestigeprojekt [Apple ist ein guter Name] mit hohen Kosten einen Großteil des Marktes auszuschließen. Angesichts des nach wie vor anhaltenden Erfolges der Kindle-Plattform von Amazon [wir haben darüber berichtet] müssen sich die Verlage zwingend die Frage stellen ob es nicht sinnvoller wäre, nicht auch oder vor allem auf die Kindle Apps und andere Träger Apps zu setzen. Dann würde man so gut wie alle Computer- und Smartphone-Besitzer erreichen können und würde mit wesentlich geringeren finanziellen Aufwendungen auskommen. Das iPad ist sexy, ja! Das iPad ist ein tolles ePaper-Leserformat, ja! Aber es muss nicht unbedingt ein eigenes App sein!

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Posted via email from Notizen aus der MedienFabrik

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